1043
=S=> Kte 2779 Bevor wir uns diesen ersten Ruf des Herrengebetes zu eigen machen , sollten wir unser Herz demütig von falschen Bildern dieser Welt reinigen . Die Demut läßt uns erkennen : Niemand kennt den Vater , nur der Sohn und der , dem es der Sohn offenbaren will ; das sind die Unmündigen ( Mt 11,25-27 ) . Die Reinigung des Herzens betrifft die Bilder von Vater und Mutter , die aus unserer persönlichen und der kulturellen Entwicklung hervorgegangen sind und unsere Beziehung zu Gott beeinflussen . Gott unser Vater steht über den Begriffen dieser geschaffenen Welt . Wer in diesem Bereich seine eigenen Vorstellungen auf Gott überträgt oder ihm entgegenstellt , schafft sich damit Götzen , die er entweder anbetet oder verwirft . Zum Vater beten heißt in sein Mysterium eintreten , so wie er ist und wie der Sohn ihn uns geoffenbart hat .
=S=> Kte Der Ausdruck ‚Gott Vater‘ war nie jemandem geoffenbart worden . Als Mose selbst Gott fragte , wie er heiße , bekam er einen anderen Namen zu hören . Uns ist dieser Name geoffenbart worden im Sohn , denn im Namen ‚Sohn‘ liegt bereits der neue Name Vater ( Tertullian , or . 3 ) .
=S=> Kte 2780 Wir können Gott als Vater anrufen , weil sein menschgewordener Sohn ihn uns geoffenbart hat und weil sein Geist ihn uns zu erkennen gibt . Wir glauben , daß Jesus der Christus ist und daß wir aus Gott geboren [ Vgl . 1 Joh 5,1 ] sind . Dadurch läßt uns der Geist des Sohnes an der persönlichen Beziehung des Sohnes zum Vater [ Vgl . Joh 1,1 ] teilhaben . Menschen können sich das nicht vorstellen , die Engel es nicht erahnen .
=S=> Kte 2781 Wenn wir zum Vater beten , sind wir in Gemeinschaft mit ihm und mit seinem Sohn Jesus Christus [ Vgl . 1 Joh 1,3. ] . Dabei kennen und erkennen wir ihn mit immer neuem Staunen . Das erste Wort im Gebet des Herrn ist eine lobpreisende Anbetung , noch bevor es zu einem flehenden Ruf wird . Denn es ist zur Ehre Gottes , daß wir ihn als Vater und als wahren Gott bekennen . Wir danken ihm , daß er uns seinen Namen geoffenbart hat und daß er uns geschenkt hat , an ihn zu glauben und Wohnstätte seiner Gegenwart zu sein .
=S=> Kte 2782 Wir können den Vater anbeten , weil er uns durch die Annahme an Kindes Statt in seinem eingeborenen Sohn die Wiedergeburt zu seinem Leben geschenkt hat . Durch die Taufe gliedert er uns dem Leib seines Christus , des Gesalbten , ein , und durch die Salbung mit seinem Geist , die sich vom Haupt über die Glieder ergießt , macht er auch uns zu Gesalbten .
=S=> Kte Da uns Gott zur Annahme an Kindes Statt vorherbestimmt hat , hat er uns dem verherrlichten Leibe Christi gleichförmig gemacht . Nachdem ihr nun an dem Gesalbten Anteil erhalten habt , werdet ihr mit Recht Gesalbte genannt ( Cyrill v.Jerusalem , catech . myst . 3,1 ) .
=S=> Kte Der neue , wiedergeborene und seinem Gott durch dessen Gnade wiedergegebene Mensch sagt zuerst ‚Vater‘ , weil er sein Sohn geworden ist ( Cyprian , Dom . orat . 9 ) .
=S=> Kte 2783 Im Gebet des Herrn werden wir uns selbst geoffenbart [ Vgl . GS 22,1. ] , weil uns zugleich der Vater geoffenbart wird . O Mensch , du wagtest nicht , das Antlitz zum Himmel zu erheben , du senktest den Blick zur Erde , und plötzlich hast du die Gnade Christi erhalten : alle deine Sünden wurden dir vergeben . Aus einem schlimmen Knecht bist du ein guter Sohn geworden . . . Erhebe also deinen Blick zum Vater , . . . der dich durch seinen Sohn erlöst hat , und sage : ‚Vater unser‘ . . . Berufe dich aber auf kein Vorrecht . Eigentlicher Vater ist er nur in bezug auf Christus , während wir von ihm erschaffen sind . Sage also aus Gnade auch du : ‚Vater unser‘ , um zu verdienen , sein Sohn zu sein ( Ambrosius , sacr . 5,19 ) .
=S=> Kte 2784 Dieses Geschenk der Gnade der Annahme an Kindes Statt verlangt von uns eine fortwährende Bekehrung und ein neues Leben . Das Gebet des Vaterunsers soll zwei Grundhaltungen in uns entwickeln . Das Verlangen und der Wille , uns ihm anzugleichen . Da wir nach seinem Bild geschaffen sind , wurde uns aus Gnade die Ähnlichkeit mit ihm wieder verliehen . Ihr sollen wir entsprechen . Wenn wir Gott unsern Vater nennen , müssen wir uns auch als Söhne Gottes verhalten ( Cyprian , Dom . orat . 11 ) . Ihr könnt euren Vater nicht den Gott alles Guten nennen , wenn ihr ein unmenschliches und grausames Herz behaltet . Denn in diesem Fall habt ihr nicht mehr das Kennzeichen der Güte des himmlischen Vaters in euch ( Johannes Chrysostomus , horn . in Mt . 7,14 3 ) . Wir sollen unablässig die Schönheit des Vaters betrachten und unsere Seele von ihr durchdringen lassen ( Gregor v . Nyssa , or . dom . 2 ) .
=S=> Kte 2785 Ein demütiges und vertrauendes Herz . Dieses läßt uns wieder wie die Kinder werden ( Mt 18,3 ) , denn der Vater offenbart sich den Unmündigen ( Mt 11,25 ) . [ Das Vaterunser ] ist ein Aufblick zu Gott allein , ein großes Feuer der Liebe . Die Seele schmilzt darin , versinkt in die heilige Liebe und unterhält sich mit Gott wie mit dem eigenen Vater , sehr vertraut , in ganz besonderer , zärtlicher Kindesliebe ( Johannes Cassian , coll . 9,18 ) . Vater unser : Dieser Name weckt in uns beim Beten gleichzeitig Liebe , Zuneigung . . . und auch die Hoffnung , zu erlangen , um was wir bitten . . . Was kann er denn dem Gebet seiner Kinder verweigern , wenn er ihnen schon zuvor gestattet hat , seine Kinder zu sein ? ( Augustinus , serm . Dom . 2,4,16 ) .
|